Gazenergie

FOGA-Strategie 2026 bis 2030

Vision: Klimaneutrale Gasversorgung bis 2050

Die Schweizer Gaswirtschaft unterstützt das Ziel des Bundesrates, bis 2050 eine klimaneutrale Energieversorgung zu erreichen. Sie hat in den letzten Jahren erheblich zur Reduktion der CO2-Emissionen beigetragen. Die Energieversorgung muss weitergehend defossilisiert werden, aber auch versorgungssicher und wirtschaftlich sein. Das wird nur durch einen Mix an Energieträgern, Elektronen und Molekülen, sowie Infrastrukturen sichergestellt werden können. Darin sind sich Branche und Forschung einig. Die Transformation der Energieversorgung bedarf aber noch einiges an Entwicklungen und Diskussionen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Mitglieder des Verbands der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) haben dazu im Sommer 2022 strategische Stossrichtungen der Branche sowie im Anschluss eine Roadmap zu deren Umsetzung verabschiedet. An diesen fünf strategischen Stossrichtungen und der Roadmap orientiert sich auch die Strategie des Forschungsfonds der Schweizerischen Gasindustrie (FOGA).

Im Fokus sind folgende vier Stossrichtungen und die entsprechenden Fragestellungen:

1. Sektorkopplung und Speicherung, innovative Konzepte, Geschäftsmodelle

Innovative Gastechnologien zur Sektorkopplung (bzw. Einbindung erneuerbarer Energien ins Gesamtsystem)

Die Defossilisierung der Energieversorgung benötigt neue Konzepte, welche sektorübergreifend die wichtigen Fragen der Energieproduktion, Speicherung, Transport/Verteilung und Verbrauchssteuerung beantworten und zur Energieeffizienzsteigerung beitragen. Die Konvergenz der Netze kann hier durch die Integration der erneuerbaren Energien, die Bereitstellung von Flexibilität und kurz- bis langfristigen Speichern einen wichtigen Beitrag leisten. Zur Kopplung der Sektoren braucht es funktionierende Infrastrukturen, wie etwa Gasnetze, elektrische und thermische Netze sowie verschiedene sektorverbindende Technologien, wie Power-to-Gas (PtG) bzw. Power-to-Liquids (PtL), Gas-to-Power (GtP, Wärme-Kraft-Kopplung [WKK]), Gaskraftwerke, Brennstoffzelle usw.), batterieelektrische Fahrzeuge sowie Gas- und Wasserstoff-Mobilität als auch Wärmepumpen und Gasanwendungen.

Forschungsaspekte:

  • Allgemeine Rahmenbedingungen zur Kopplung der Netze (technisch, regulatorisch, wirtschaftlich)
  • Konkrete Umsetzungskonzepte zur Kopplung der Netze: Unterstützung insbesondere der Wirtschaft mit Schwerpunkt Gewerbe und Industrie auf dem Weg zu Netto-Null, mehrheitlich/vorwiegend/besonders im lokalen/regionalen Kontext
  • Erhöhung der Resilienz des zukünftigen defossilisierten Energiesystems, insbesondere als Beitrag zur Versorgungssicherheit sowie der Minimierung bis Schliessung der Winterstromlücke
  • Verwertung von Überschüssen erneuerbarer Energien während des Sommers
  • Speicherung über verschiedene Zeitspannen (kurz und mittelfristig, wie auch saisonal): Bewertung von Speicherlösungen (gasförmig, flüssig usw.), wobei auch lokale, evtl. autarke Lösungen untersucht werden. Wirtschaftlichkeit, Verfügbarkeit und Nachhaltigkeit von PtX- und XtP-Lösungen. Abklärungen auch von zusätzlichem Nutzen der Speicher im Rahmen von Systemdienstleitungen
  • Ökologische und ökonomische Optimierung im Bereich der Spitzenlast-Abdeckung und Notversorgung von thermischen Netzen, Einsatz von WKK oder hybrider Heizsysteme
  • Wirtschaftlichkeit der Transformation, Erarbeitung von tragfähigen Geschäftsmodellen

2. Netze

Transformationspfade der bestehenden Gasnetzinfrastruktur bzw. Integration von Wasserstoff-(H2-) und CO2-Netzen

Die Transformation der Gasnetzinfrastruktur ist ein komplexer Prozess, der durch das Auslaufen der Nutzung von fossilem Gas und der Umstellung auf klimaneutrale Energieträger wie Wasserstoff, synthetisches Methan oder Biogas getrieben wird. Dieser Prozess setzt Planungsprozesse voraus, die erhebliche wirtschaftliche Herausforderungen mit sich bringen, etwa in Hinblick auf die Finanzierung und Investition in die notwendigen Um- und Neubauten, aber auch bezüglich technischer und regulatorischer Anforderungen. Um Netto-Null zu erreichen, braucht es zudem Carbon-Management-Strategien, Kenntnisse über das Verhalten von CO2 und Infrastrukturen für dessen Transport und Speicherung (Carbon Capture and Storage (CCS)). Die Gasbranche kann hierzu dank ihrer Kompetenzen einen wichtigen Beitrag leisten. Für die Bewältigung der Anforderungen fehlen heute aber die Rahmenbedingungen.

Forschungsaspekte:

  • Hochkomprimieren von erneuerbaren Gasen in vorgelagerte Netze (Transportnetz)
  • Integrierte Netzinfrastruktur (CH4, H2, CO2) im Kontext strategischer Netzplanung bzw. Zielnetzplanung
  • Bewertungskriterien bezüglich H2-Tauglichkeit und -Verträglichkeit von vorhandenen Infrastrukturen – sowohl technisch als auch wirtschaftlich. Konkrete Konzepte, wie eine Bewertung in Abhängigkeit von Material, Alter und Druckbereich der Leitungen durchzuführen ist
  • Vorbereitung einer Umwidmung: Einerseits regionale Szenarien zur Planung, andererseits konkrete Konzepte, wie eine Umwidmung einer Leitung durchgeführt werden kann
  • Mögliche Umnutzung von stillgelegten Netzteilen
  • CH4-Emissionen, Messungen und Massnahmen zu deren Reduktion
  • CO2
    - Technische Reglementierung für CO2
    - Nutzung (Valorisation) von CO2, z.B. aus Biogasanlagen, Kehrichtverbrennungsanlagen oder Industrieanlagen

3. Erneuerbare Gase

Substitution von Erdgas durch erneuerbares / klimaneutrales Gas (Biogas, Biomethan, synthetisches Methan, Wasserstoff)

Erneuerbaren Gasen kommt eine Schlüsselrolle in der sicheren und wirtschaftlichen Transformation der Energieversorgung zu. Die Schweizer Gaswirtschaft ist im internationalen Vergleich Pionierin bei der Produktion und Nutzung von Biomethan. Zunehmend wichtig werden auch erneuerbarer Wasserstoff und erneuerbares Methan aus Power-to-Gas-Prozessen. Es braucht einen ganzheitlichen Blick auf Erzeugung, Transport/Verteilung und Nutzung von erneuerbaren Gasen sowie die damit verbundenen technischen, ökologischen und ökonomischen Fragen.

Forschungsaspekte:

  • Innovative Technologien zur Förderung der Produktion von Biogas und synthetischem Methan im Inland: Vergärung, Pyrolyse, Methanisierung usw.
  • H2-Exploration und -Produktion
  • (wirtschaftliche) Konzepte für H2-Cluster und -Hubs sowie -Logistik ausserhalb des Netzes zum Markthochlauf
  • Schwer- und Nutzverkehr
  • Anforderungen an die Gasqualität für Einspeisung und verschiedene Anwendungen
  • Ökobilanzen der verschiedenen Produktionsarten
  • Potenziale im In- und Ausland – sowohl methan- wie auch wasserstoffbasiert
  • Zusätzliche Nutzung von Biogasanlagen (ökologisch und ökonomisch): Gärgut, CO2 Nutzung (direkt, negative Emissionstechnologien NET, CCS, CCU). Tragfähige Geschäftsmodelle zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette

4. Digitalisierung

Einsatz von digitalen Instrumenten zur Optimierung der Gasversorgung

Digitalisierung umfasst eine Vielzahl von digitalen Werkzeugen, die ermöglichen, Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit der Gasversorgung zu verbessern und auch die Integration der erneuerbaren Gase ins Energieversorgungssystem zu unterstützen. Sie setzt eine gute Datenqualität voraus und birgt Herausforderungen in Bezug auf Datenschutz, Datensicherheit und Cybersicherheit. Im Vordergrund stehen Digitalisierungslösungen, die Aspekte der ersten drei Schwerpunktthemen der FOGA-Strategie aufgreifen.

Forschungsaspekte:

  • Erhöhung der Resilienz der Infrastruktur: Überwachung, Steuerung und effiziente Einbindung von dezentralen, erneuerbaren Strukturen
  • Optimierung der Integration erneuerbarer Gase: komplexe Mischungsverhältnisse und Qualitätsparameter (z. B. Wasserstoffanteil, Wobbe-Index) automatisiert überwachen und steuern
  • Digitale Hilfsmittel bzw. Unterstützung innovativer Konzepte zur Instandhaltung, Versorgungssicherheit, Stilllegung
  • Steuerung und Sensoren
  • Optimierung von Netzbetrieb und Dispatching: Simulation von Netzstrukturen und Echtzeit-Berechnung optimaler Steuerungsvorgaben für Lastmanagement und Einspeisungen durch Vorlieferanten, sowie lokale Produktion
  • Verfolgung der Gasbeschaffenheit (Brennwert, Wobbe-Index), Verknüpfung mit Smart Metering und Fakturierung Vorausschauende Planung für die Beschaffung, z.B. Prognosemodelle für Verbrauch und Einspeisung zur Verbesserung der Planbarkeit von Gasbedarf und -einspeisung auf Basis von Wetterdaten, Verbrauchsverhalten, Industrieprozessen usw.
  • Digitale Zwillinge von Gasinfrastrukturen: Erstellung und kontinuierliche Weiterentwicklung von digitalen Zwillingen zur Simulation, Überwachung und Optimierung des Netzbetriebs
  • Cybersicherheit im Rahmen der Versorgungssicherheit
  • Künstliche Intelligenz (KI) im Allgemeinen. Datacenter, Krypto-Heizungen etc. im Besonderen