Neues CO2-Gesetz schiesst im Gebäudebereich übers Ziel hinaus
Zürich, 20.08.2019
Die vorberatende Kommission des Ständerats (UREK-S) beantragt zahlreiche Änderungen am bundesrätlichen Entwurf für ein neues CO2-Gesetz und bekundet ihren Willen, mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen eine mehrheitsfähige Lösung für wirksamen Klimaschutz zu unterbreiten. So ist die Schaffung eines Klimafonds vorgesehen, der unter anderem die Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien fördern soll. Positiv sind grundsätzlich auch die Massnahmen, welche die Kommission für den Verkehr vorschlägt. Die vorgesehenen CO2-Grenzwerte für Gebäude und die Erhöhung der CO2-Abgabe auf Brennstoffe auf 210 Franken pro Tonne CO2 schiessen jedoch übers Ziel hinaus.
Entgegen der Darstellung der UREK-S verlangt das Übereinkommen von Paris kein Nettonull-Emissionsziel bis 2050; vielmehr ist ein solches gemäss Artikel 4 dieses Abkommens für die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts anzustreben. Verschiedene der von der UREK-S vorgeschlagenen Massnahmen erscheinen für dieses Ziel erfolgversprechend. Für die Gaswirtschaft bedeutet dies insbesondere die Substitution von Erdgas durch erneuerbare Gase. Andere vorgeschlagene Eingriffe wie die CO2-Grenzwerte für Gebäude könnten dagegen kontraproduktiv wirken, indem sie die notwendige technologische Entwicklung in den kommenden Jahrzehnten behindern. Der Gebäudebereich trägt seit 1990 am stärksten zur Reduktion der CO2-Emissionen bei und soll nun zusätzlich mit Grenzwerten belegt werden, welche in vielen Fällen drastische Kostenfolgen für Eigentümer und Mieter zur Folge hätten, da sehr teure Gebäudesanierungen oder Ersatzneubauten notwendig werden. Die daraus resultierenden wirtschaftlich und sozial schädlichen Folgen liessen sich vermeiden, wenn das Parlament einen längerfristig ausgerichteten, tragbaren Absenkpfad einschlägt, der auch mit dem Übereinkommen von Paris kompatibel wäre.
Als Instrument der Klimapolitik hat die Schweizer CO2-Abgabe international Vorbildcharakter, was beispielsweise die jüngsten Diskussionen in Deutschland zeigen. Allerdings stünde die mehrheitlich unterstützte Erhöhung der CO2-Abgabe von aktuell 96 Franken auf maximal 210 Franken pro Tonne CO2 im internationalen Vergleich quer in der Landschaft.
Die Schweizer Gaswirtschaft hat sich wiederholt klar dafür ausgesprochen, dass auch der Mobilitätsbereich der CO2-Abgabe unterstellt werden soll. Die UREK-S scheint diesen Weg aber erst als mittelfristige Möglichkeit mit einem Kommissionspostulat weiterzuverfolgen. Das Bündel an Massnahmen, welche die Kommission für den Verkehr vorschlägt, kann aber auch kurzfristig wichtige Impulse geben, um alternative Antriebe zu fördern und bedeutende CO2-Reduktionen zu erzielen. Neben den Anreizen für synthetische Treibstoffe sind die Steuererleichterungen für erneuerbare Treibstoffe eine unverzichtbare Grundlage, die bis 2030 verlängert werden soll. Gasfahrzeuge, betrieben mit einem Mix aus Erdgas, Biogas und erneuerbaren synthetischen Gasen (Power-to-Gas), haben das Potenzial, die Treibhausgasemissionen in der Mobilität kurz-, mittel- und langfristig massiv zu reduzieren.
Wichtige Verbesserungen können sodann vom neuen Klimafonds ausgehen, wenn dieser die CO2-Reduktionsleistung der Massnahmen gesamtheitlich angeht und auch herangezogen wird, um die Einspeisung erneuerbarer Gase wie Biogas zu fördern. Auf diese Weise kann die Gasversorgung einen bedeutenden Beitrag leisten, CO2 zu reduzieren. Die Kommission spricht auch das drängende Problem an, wie die Stromversorgungssicherheit im Winterhalbjahr gewährleistet werden kann. Einen wichtigen Beitrag kann hier die Wärme-Kraft-Kopplung (WKK) leisten, deren Rahmenbedingungen unbedingt verbessert werden müssen, wie dies bereits der Nationalrat vorsah. Die dezentrale Stromerzeugung mittels Wärme-Kraft-Kopplung hat grosses Zukunftspotenzial und bietet ideale Voraussetzungen für den Umbau des Energiesystems. Es wäre eine verpasste Chance, wenn die Rahmenbedingungen nicht so ausgestaltet würden, dass in der Schweiz der Einsatz von WKK-Anlagen attraktiv wird.
Die vorberatende Kommission des Ständerats hatte bereits nach ihrer ersten Beratung des CO2-Gesetzes im Januar angekündigt, dass sie konstruktive Vorschläge erarbeiten wolle, damit ein mehrheitsfähiges Gesetz zu Stande kommt. Tatsächlich bringen verschiedene Anträge wichtige neue Impulse. Gleichzeitig sind in der weiteren Beratung – insbesondere im Gebäudebereich – aber noch gewichtige Korrekturen nötig, um eine ökologisch, ökonomisch und sozial ausgewogenen Rahmen für die künftige schweizerische Klimapolitik zu verwirklichen.
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Zürich, 20. August 2019